036 Groot - Ritter oder Schurke
Wenn ich heute über Groot schreibe, dann nicht, weil es eine große Liebesgeschichte war, es war etwas Schräges zwischen mitreißender Romantik und Abgeklärtheit, aber es war ein Wendepunkt meines Lebens. Und dieser Mann spielte in der Geschichte dieses Wendepunktes eine Rolle.
Wir hatten uns schon monatelang über Joy gekannt, geschrieben, gesehen, gelacht. Er war klug, nerdig, ein bisschen frech, aber nie übergriffig. Ich mochte, dass er mich sah – nicht nur im Stream, sondern auch in den Pausen dazwischen. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt fast völlig von der Welt abgekapselt. Keine Politik (für mich die meiste Zeit meines Lebens ein Bestandteil meiner Selbstwahrnehmung siehe: „017 Zwischen Main Echo und 'Get On My Level'"), keine Nachrichten, kaum Menschenkontakt.
Warum?
- allgemeiner Rückzug von Nachrichten usw. wegen politischer Lage (Ukrainekrieg und Spinner, die sich seit Corona nicht mehr für ihr Spinnertum schämten)
- Distanzierung zum Zwecke der Beendung der romantischen Gefühle für Zero
- Behauptung meiner damaligen Sozialarbeiterin U. ich würde immer stinken
- Blasenschwäche hatte sich so weit verschlimmert, dass Urinverlust auch beim Sex drohte
→ Wollte ich nur virtuelle Kontakte und streamte fast jeden Tag auf Joy. Ich hatte mich selbst enorm zurückgezogen, Streamen war schnell mein Fenster nach draußen.
Und dann kam Groot.
Der WhatsApp-Chat mit ihm begann mitten in dieser Zeit. Und was danach geschah, war ein Turbo-Durchlauf: von vorsichtigem Flirten über tiefe Gespräche bis hin zu einem realen Treffen, das ich nie vergessen werde. Nicht, weil es vom Ablauf her spektakulär war – wir tranken Kaffee, stritten uns darum, wer zahlt, wir gingen spazieren, wir küssten uns –, sondern weil ich an diesem Tag gespürt habe, dass ich noch jemand bin, der es verdient, sanft und wertschätzend behandelt zu werden. Und Groot war sanft. Für diesen einen Tag war er ein Ritter.
Was danach kam, war weniger ritterlich. Später wurde er gehässig, sagte Dinge über meinen sozialen Status, seinen und den von Pete, die man nur sagt, wenn man verletzen will. Schrieb mir dann trotzdem wieder, jammerte, lästerte über seine Freundin. Ich bin nicht der Lückenbüßer. Diese Rolle akzeptiere ich nicht, da wäre ich lieber wieder isoliert.
Aber das ändert nichts an diesem einen Tag. Groot war der Impuls, den ich brauchte, um wieder zu glauben, dass draußen etwas ist, was sich lohnt. Und das zählt. Wut, Enttäuschung und alles kommt später.

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